Trierischer Volksfreund
Donnerstag 16.11.2000


LITERATUR

Verbotenes Theater

Michael Schmidt-Salomon liest "Das Maria Syndrom"

Von unserem Mitarbeiter
JENS HERTLING

TRIER. Unspektakulär verlief die zweite Lesung nach 1998 des Skandalstückes "Das Maria Syndrom” des Trierer Autors Michael Schmidt-Salomon im Hörsaal 5 der Universität Trier.

Vor sechs Jahren sorgte das Stück für bundesweite Aufregung: "Das Maria Syndrom” wurde, ohne das es jemand gesehen hatte, wegen einer möglichen Verunglimpfung der Religion verboten. Dieses Verbot gilt bis heute. Um was geht es? Die "unbefleckte Empfängnis” Marias soll, so der Autor, "reingewaschen werden”.

Und so erzählt er die Geschichte der keuschen und unberührten Nonne Ann-Marie, die bei einem Familienfesty auf die Toilette kommt, kurz nachdem ihr Cousin John auf die Toilettenbrille onaniert hatte. Neun Monate später ist die Nonne, die sechs Monate zuvor ihr Gelübde ablegte, schwanger. Allerdings behauptet sie, sie habe nie Verkehr gehabt. Ihr Sohn Meti wird später als Messias verehrt. Als er die wahren Umstände seiner Zeugung hört, zieht er sich in den Himalaja zurück. Nach einer Begegnung mit Gott gründet er eine Sanitärfirma, und "besucht”, die Damenklos der Stadt.

Bei den etwa 50 Zuschauern stieß das Stück auf Interesse. Ein Hörer meinte: "Obwohl ich evangelisch bin, war das kein Schock.” In der anschließenden Diskussion erläuterte der Autor die Entstehungsgeschichte seines "Rock Comicals”. Die Uraufführung des Bühnenstücks wurde im Mai 1994 verboten, weil es nach der Auffassung des Trierer Stadtvorstandes den öffentlichen Frieden hätte gefährden können. Der Einspruch des Autors gegen das Verbot scheiterte vor dem Verwaltungsgericht.

"Dass die Aufführung in Trier untersagt wurde, damit hatte ich gerechnet, wahrscheinlich sogar provoziert. Der eigentliche Skandal sind die Urteile der Gerichte”, wertet der Autor. Das Werk verletze die "Schutzintension des Paragraphen 166 STGB”. Demnach liege eine Straftat vor, wenn öffentlich der Inhalt des religiösen Bekenntnis anderer in einer Weise beschimpt wird, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. So sahen es auch alle Gerichtsinstanzen bis zum Bundesverfassungsgericht, dass 1998 die Klage des Autors nicht annahm. Daher forderte der Künstler die Abschaffung des "Gotteslästerungs-Paragraphen 166 STGB".


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