Dr. Michael Schmidt-Salomon, Trier

"Schaffen wir zwei, drei, viele Fatimas!"
Marpingen ´99 - ein Bericht aus dem marianischen Absurdistan

erschienen in KATZ-Jahrbuch 1999/2000 sowie in MIZ 4/99

 

Wanderer, kommst du nach Marpingen, achte darauf, dass du nicht von rosenkranzbetenden Pilgern überrannt wirst. Zehntausende von Mariengläubigen haben kurz vor der Jahrtausendwende den kleinen Ort im Saarland heimgesucht. Kein Wunder - bei solch einem Wunder: Die Jungfrau und Gottesmutter Maria soll rund 2000 Jahre nach ihrer ruhmreichen Himmelsfahrt ihr Herz für Marpingen (wieder-)entdeckt haben und den drei "Seherinnen" Christine Ney, Judith Hiber und Marion Guttmann erschienen sein.

 Marpingen, 5. September 1999, später Nachmittag: Aufgefordert, etwas über die "Erscheinungen in Marpingen" zu schreiben, lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, das Geschehen aus nächster Nähe zu beobachten. Schon am Ortseingang treffe ich auf eine Karawane von circa fünfzig Reisebussen. Der Ort selbst wirkt wie ausgestorben. Habe ich die Erscheinung etwa schon verpasst? Schnell mache ich mich auf den Weg, vorbei an Ordnungshütern, Sanitätern und Andenkenverkäufern. "Haben Sie Interesse an einer Original Marpinger Marienerscheinungsdose?, werde ich gefragt. Ich winke dankend ab. Auch der Stand, an dem etwas verkauft wird, was ich als eine Art "letzte Bratwurst vor der Erscheinung" identifiziere, macht auf mich als eingefleischten Vegetarier wenig Eindruck. Aus der Ferne sind nun Kirchenlieder zu hören. Meine Begleiterin plagt eine gewisse Leere im Magen. Sie würde gerne etwas essen. "Nix da, wir haben ´ne dringende Verabredung mit der Jungfrau. Ich würde mich da ungern verspäten!", sage ich. "Klingt überzeugend!", erwidert sie. Wir beschleunigen unser Tempo. Nach ein paar Minuten haben wir es geschafft: Vor uns breitet sich eine riesige Menge von Pilgern aus. Die Marien-Grotte selbst ist kaum zu sehen. Wir sind auf der Suche nach einem besseren Platz. "Ob wir einen Baum besteigen sollen?", frage ich. Aber auf den Gedanken sind vor uns schon einige andere gekommen. Es hilft nichts. Wir müssen uns durch die Menge hindurchzwängen. Mühsam, aber es geht. Immerhin: Am Ende haben wir eine halbwegs komfortable Sicht auf die Grotte und den Priester, der die Prä-Erscheinungs-Zeremonie leitet.

Ich schaue auf meine Uhr. "Unsere Liebe Frau", wie Maria in Insiderkreisen liebevoll bezeichnet wird, müßte eigentlich bald erscheinen. Die Spannung steigt. Nach ein paar Gebeten hat die Menge wieder mit dem Singen begonnen. Nicht schön, aber laut. Ein unangenehmer Schauer breitet sich über meinen Rücken aus. Doch wer glaubt, unerträglicher könne es gar nicht werden, sieht sich getäuscht: Der klerikale Zeremonienmeister beginnt nun, eine zweite Stimme über den Gesang der Menge zu improvisieren. Mir schwinden die Sinne. Als Liebhaber von Avantgarde-Musik bin ich ja einiges gewöhnt. Aber diese musikalische Müllskulptur, nennen wir sie einmal "Marpinger Polytonalität", ist zuviel für mich. Ich ertappe mich bei einem sehr merkwürdigen Gedanken: "Maria hilf!", flehe ich leise, "wenn es dich gibt, verdammt noch mal, dann erscheine jetzt!"

Plötzlich ertönt ein Klingelzeichen. Die erbärmlichen Gesangsversuche der Gemeinde verstummen augenblicklich und die Leute, die eben noch neben mir standen, sinken mit irrem Blick zu Boden. Einige von ihnen beten leise den Rosenkranz. Ich bin im ersten Moment von den musikalischen Darbietungen noch so benommen, dass ich gar nicht so recht mitbekomme, was um mich herum geschieht. Erst langsam schwant mir, dass Maria wohl Erbarmen mit meinen empfindlichen Hörorganen hatte. Schlagartig wird mir die Dignität dieses besonderen Moments bewußt: Das Happening "Marienerscheinung" findet hier und jetzt statt - nicht einmal dreißig Meter von mir entfernt! Ich nutze den Moment und mache einige Fotos (endlich ist die Sicht ja nicht mehr verstellt!).

In der Marpinger Marienerscheinungsordnung, die zuvor vom Kapellenverein ausgeteilt wurde, stand zu lesen, daß während der Marienerscheinung nicht mehr gesprochen, sondern leise gebetet werden solle. Dankbar genieße ich die Ruhe. Nur irgendwo in der Ferne schreit ein Kind. Wahrscheinlich hat es Angst. Man kann es ihm nicht verübeln: Tausende von Menschen, die auf dem Boden knien und merkwürdige Verse vor sich hinmurmeln, bieten schon einen gespenstischen Anblick.

Ich schaue wieder auf die Uhr. Die Zeit verstreicht. Nichts tut sich. Ich blicke mich um. Wie lange wird diese Masse wohl in Schweigen verharren? Wie lange dauert denn überhaupt so eine Marienerscheinung? Zwanzig Minuten? Eine Stunde? Drei Stunden? Heilige Jungfrau, ich werde doch nicht etwa die Nacht in Marpingen verbringen müssen?! Erste Anzeichen von Panik machen sich breit. Doch dann - endlich! - rund eine halbe Stunde nach dem ersten Klingelzeichen - ist er da, der Moment, auf den alle gewartet haben: Die von den "Seherinnen" besprochene Kassette wird über Lautsprecher abgespielt. Ich muß unwillkürlich grinsen. Die piepsigen Stimmen, die da kläglich scheitern bei dem Versuch, sich irgendwie des Hochdeutschen zu bemächtigen, versöhnen mich ein wenig mit dem Geschehen. Die Botschaften selbst sind erwartungsgemäß naiv und über weite Strecken belanglos, eigentlich genau so, wie in all den anderen Fällen, in denen sich Maria in den letzten Jahrhunderten zur Wort meldete (aber was soll man schon von einer Frau erwarten, die vor 2000 Jahren in den patriarchalen Strukturen einer relativ zurückgebliebenen Hirtenkultur aufwuchs und der man konsequent jeglichen Zugang zu formaler Bildung verweigerte?)

Nach dem musikalischen Schockerlebnis aus der Prä-Erscheinungs-Zeremonie, den vielen Rosenkranzgebeten und dem reaktionären religiösen Kitsch der "Seherinnen" habe ich genug gesehen und gehört. Eilig verabschieden wir uns vom Ort des Geschehens, entfernen das Anti-Abtreibungsflugblatt, das irgendwelche marianische Aktivisten an der Windschutzscheibe unseres Autos angebracht haben, und verlassen das saarländische Absurdistan in Richtung Zivilisation.

  

Immer da, wenn es brennt: Die Jungfrau errettet Deutschland

Einige LeserInnen werden sich vielleicht gefragt haben: Was will Maria ausgerechnet in Marpingen? Wenn sie unbedingt Publicity will, warum beginnt sie ihre PR-Kampagne nicht in Berlin (wo die bundesdeutschen Politiker neuerdings tagen), Hamburg (wo die großen Politmagazine angesiedelt sind) oder München (wo man wenigstens hin und wieder ein ordentliches Bier bekommt)? Warum sucht sie sich ausgerechnet ein Dörfchen im Saarland aus, von dem kaum jemand weiß, wo es überhaupt liegt? Nun, die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Wie jeder Hobbykriminalist weiß, kehren Täter gerne an frühere Tatorte zurück. Die heilige Jungfrau macht da keine Ausnahme. Schon 1876 stattete sie der saarländischen Gemeinde zahlreiche Besuche ab. Und das Anliegen Mariens im krisengeschüttelten Jahr 1999 ist einer Heiligen durchaus würdig: Es geht ihr um nichts Geringeres als die Rettung Deutschlands. Nach Ansicht Mariens nämlich ist Deutschland tödlich bedroht - und damit meint die Jungfrau nicht die Folgen von Umweltverschmutzung, steigender Arbeitslosigkeit, der Politik Gerhard Schröders oder der Plastikmucke von Dieter Bohlen. Nein, das Schlimmste ist, wenn wir der Jungfrau glauben dürfen, dass die Deutschen das bedingungslose Vertrauen in den Papst verloren haben. (siehe den Kasten: Auszüge aus der Botschaft vom 5. September).

Daher gilt: Das eigentlich Bemerkenswerte an den Marpinger Erscheinungen ist nicht die inflationäre Häufigkeit der Erscheinungen (bis zum 6. September erschien die Jungfrau ganze zwölf Mal, das dreizehnte Mal wird sie Marpingen im Oktober heimsuchen), auch nicht die Tatsache der termingenauen Vorankündigungen (incl. der skurrilen Nebensächlichkeit, dass die Jungfrau einmal ihre Erscheinung wegen einer örtlichen Kirmes verschob). Bemerkenswert ist vor allem das feine taktische Gespür, das die Jungfrau beweist (wahrscheinlich hat sie im Himmel doch noch einen jesuitischen Kaderlehrgang besucht): Es ist nämlich alles andere als ein Zufall, dass Maria Marpingen ausgerechnet in diesem Jahr besucht, in dem Jahr, in dem der Konflikt zwischen der relativ (!!) progressiven deutschen Bischofskonferenz und dem Vatikan eskaliert. "Unsere Liebe Frau" ist nämlich alles andere als eine Freundin von Reform-Christen.(1) Und besonders in Sachen Schwangerschaftsabbruch ist mit ihr nicht zu spaßen (Man stelle sich vor, die Jungfrau daselbst hätte einst abgetrieben! Der ganze Traum vom christlichen Abendland - mit einem Schlag futsch...)

Spaß beiseite: Für die Fraktion der katholische Hardliner ist das Thema "Schwangerschaftsberatung" alles andere als ein Nebenkriegsschauplatz. Hier geht es regelrecht ums Eingemachte, um das große Reinemachen vor dem "Heiligen Jahr" 2000, in dem der Papst das große "Mea Culpa" sprechen will.

Maria ist daher genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen, ein gelungenes Manöver, um dem reaktionärsten Flügel der katholischen Kirche unter die Arme zu greifen. So ist sie halt, die Muttergottes. Eine Frau fürs Grobe. Immer da, wenn es brennt. Das bewies sie schon 1917 - in Fatima.

 

Fatima: das dunkle Geheimnis

 Was ist damals in Fatima geschehen? Werfen wir kurz einen Blick auf dieses vielleicht wichtigste Ereignis für den Katholizismus im 20. Jahrhundert, ein Ereignis, das die gesamte Weltgeschichte maßgeblich beeinflußt hat.

In Fatima soll sich - so berichtet uns zumindest die kirchenamtlich beglaubigte Legende (2) - im Jahre 1917 Erstaunliches zugetragen haben. Während Zehntausende die Sonne tanzen sahen, waren die kleinen Hirtenkinder Lucia, Francisco und Jacinta dazu erkoren, der Gottesmutter Maria (Tarnname: "Unsere Liebe Frau von Fatima") sechsmal (nur halb so oft wie den "Seherinnen" in Marpingen!) zu begegnen. Die Jungfrau ließ die 7-10jährigen Kinder wissen, dass die sündige Welt eine furchtbare Strafe Gottes zu erwarten habe, und verriet ihnen ein dreiteiliges Geheimnis, das so schrecklich war, dass selbst gestandenen Kirchenleuten Tränen in den Augen standen. (Mit der Begründung, man wolle eine Panik unter den Menschen verhindern, hält der Vatikan übrigens bis heute den dritten Teil des Geheimnisses unter Verschluß.)

Die Mär von Fatima wird bis heute mit kindlicher Naivität verkündet. Die Authentizität der Erscheinung sei verbürgt, meinen der Papst und seine Getreuen. Und sie führen hierfür auch einen vermeintlich schlagenden Beweis an: Allein die Gottesmutter habe bereits 1917 die Machtübernahme der expansionslüsternen russischen Kommunisten sowie den Ausbruch des zweiten Weltkriegs vorhersagen können. Tatsächlich berichtet der zweite Teil des Fatima-Geheimnisses Erstaunliches: "Der Krieg [gemeint ist der 1. Weltkrieg, MSS] wird zwar zu Ende gehen, wenn aber Gott weiterhin beleidigt wird, beginnt unter der Regierung Pius´ XI. ein noch schlimmerer. Wenn ihr eine von einem unbekannten Licht erleuchtete Nacht seht, so wißt, daß dies das große Zeichen ist, das Gott euch als Hinweis darauf gibt, daß er die Welt für ihre Verbrechen mit Krieg, Hunger und Verfolgungen von Kirche und Papst strafen wird. Um dies zu verhindern, werde ich darum bitten, daß Rußland Meinem Unbefleckten Herzen geweiht wird und daß an den ersten Samstagen die Sühnekommunion gehalten wird. Wenn Meine Bitten erfüllt werden, wird sich Rußland bekehren und es wird Frieden herrschen; andernfalls wird es seine Irrtümer über die ganze Welt verbreiten, und es wird zu Kirchen und Kirchenverfolgungen kommen; die guten werden gemartert, der Heilige Vater wird viel zu leiden haben, mehrere Nationen werden vernichtet werden; doch am Ende wird Mein Unbeflecktes Herz triumphieren. Der Heilige Vater wird Mir Rußland weihen, das sich bekehren wird, und der Welt wird es gegeben sein, einige Zeit in Frieden zu leben." (3)

Freilich: Bei näherer Betrachtung sind die vermeintlichen Weissagungen Mariens (Antikirchenpolitik des kommunistisch bestimmten Rußlands sowie Ausbruch des 2. Weltkrieges während der Amtszeit von Pius XI.) weit weniger wundersam als sie zunächst erscheinen mögen, denn die "Prophezeiungen" wurden nicht 1917, sondern 1941 aufgeschrieben, also zu einem Zeitpunkt, als die "vorhergesagten" Ereignisse bereits eingetroffen waren! Nur im Falle der Weihe Rußlands an das "Unbefleckte Herz Mariens" und der "Bekehrung Rußlands" könnte man tatsächlich von "Prophezeiungen" sprechen, wenn auch von selbsterfüllenden. Schließlich war es nicht zuletzt die Botschaft von Fatima, die die Päpste dazu drängte, die Welt (vor allem Rußland) dem "Unbefleckten Herz Mariens" zu weihen und das volle Engagement auf den Kampf gegen den Kommunismus und die Bekehrung Rußlands zu lenken. In diesem Zusammenhang muß vor allem an die entscheidende Bedeutung von Johannes Paul II. im Rahmen der Veränderungsprozesse im Osten erinnert werden (4), aber auch an die Stützung der antikommunistischen Faschisten durch Papst Pius XII..(5)

 

 Wahrheit kommt von oben: Marienerscheinungen im 20. Jahrhundert

Es wäre also alles andere als sinnvoll, Marienerscheinung wie die in Marpingen als harmlose Spinnereien abzutun. So irrsinnig aufgeklärten Menschen die Botschaften von Fatima oder Marpingen auch erscheinen mögen, die Geschichte beweist: Nichts ist absurd genug, um nicht doch noch geglaubt und mit Waffengewalt verbreitet zu werden.

Die "Marianische Bewegung", die sich weltweit formiert und bei allen Marienerscheinungen der Gegenwart ihre Finger mit im Spiel hat (6), ist eine durchaus ernstzunehmende Gefährdung für das Projekt einer offenen Weltgesellschaft. Sie besetzen (wie im Falle von "Opus Dei") zentrale Positionen innerhalb wie außerhalb der katholischen Kirche. Ihr Ziel ist ehrgeizig: die vollständige Christianisierung aller Kulturen und Institutionen. Pluralistische Vorstellungen sind ihnen wesensfremd. (7) Der Demokratie stehen sie mit bissigem Argwohn gegenüber. Und dies ist durchaus verständlich, schließlich kommt in ihrem Weltbild die Wahrheit stets von oben, niemals von unten.

Einige Feministinnen haben ihr Erstaunen darüber geäußert, dass Maria ausgerechnet in diesen dezidiert reaktionären, patriarchalen Kreisen glühendste Verehrer findet. Bei näherer Betrachtung ist dieses Faktum allerdings kaum verwunderlich: Zum einen ist das vermeintliche Idealbild der Jungfrau Maria ein Zerrbild der real existierenden Frau, ein durch keine Lust beflecktes Wesen, makellos und rein, die perfekte Antagonistin der sündigen Eva. (8) (Marienglaube und Frauenhass sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten einer Medaille!) Zum anderen ist es psychologisch verständlich, dass Menschen, die einen besonders strengen, rachsüchtigen Gott verehren, ihre libidinösen Kräfte auf ein Mutterwesen konzentrieren, das in der Lage ist, beim gestrengen Gottvater hin und wieder ein besänftigendes Wort einzulegen.

Wie dem auch sei: Die Geschichte lehrt uns, dass Marienerscheinungen wie die jüngsten in Marpingen nicht nur Ausflüsse kindlichen Aberglaubens sind - oder Marketingstrategien skrupelloser Geschäftemacher, die aus einem unscheinbaren Dorf im Saarland einen internationalen Wallfahrtsort machen wollen. Sie sind vor allem strategisch wertvolle Mittel christlicher Fundamentalisten, die unter dem klerikal gewendeten APO-Motto "Schaffen wir zwei, drei, viele Fatimas!" zum Marsch durch die Institutionen angetreten sind.

Wahrlich, Marpingen ist mittlerweile fast überall! Nie war die Gottesmutter (für die Fundamentalisten) so wertvoll wie heute. Und darum legt sich Maria auch mächtig ins Zeug, hetzt von einem Erscheinungstermin zum anderen, heilt einen Blinden hier, eine Magersüchtige dort. Hin und wieder läßt sie sogar ihr unbeflecktes Herz bluten. Immer im Auftrag des Herrn, polyglott rund um den Globus, auf Teufel komm raus. Wie erscheinungswütig Maria heutzutage ist, verrät bereits ein kurzer Blick in die peinlich genau geführte Erscheinungsstatistik (9): Von den bis 1993 bekanntgewordenen 918 Marienerscheinungen (die ersten drei erfolgten bereits im 1. Jahrhundert) fanden ganze 427 im 20. Jahrhundert statt. Das sind immerhin 58 Prozent aller Erscheinungen! Eine Zahl, über die man nachdenken sollte...

Fazit: Wer den ultimativen Beweis dafür sucht, dass die Menschheit nicht die "Krönung der Schöpfung" sein kann, der verpasse nicht die nächsten Stationen der marianischen Deutschland-Errettungs-Tournee. Die Events sind garantiert gut besucht und bevölkert mit Gestalten, die man an einem solchen Platz eigentlich gar nicht vermutet hätte: Menschen, die zumindest auf den ersten Blick so aussehen, als würden sie der gleichen Spezies angehören wie du und ich.

Alles in allem hat Arthur Drews das marianische Schmierentheater wohl mehr als treffend charakterisiert, als er schrieb: "... die Marienverehrung...ist eine Geschichte des kindlichsten Aberglaubens, der kecksten Fälschungen, Verdrehungen, Auslegungen, Einbildungen und Machenschaften, aus menschlicher Kläglichkeit und Bedürftigkeit, jesuitischer Schlauheit und kirchlichem Machtwillen zusammengewoben, ein Schauspiel, gleich geschickt zum Weinen wie zum Lachen: die wahre göttliche Komödie." (10)

 

Auszüge aus der offiziellen Dokumentation der Erscheinung vom 5. September: (11)

Christine: 5. Sept. 1999, als ich, Christine heute von zu Hause aus nach Marpingen fuhr, sah ich wieder das große Leuchtkreuz mit den Rosenranken. Und es waren bei dem Leuchtkreuz und darunter P. Pio, Bernadette, Schw. Blandine, Hl. Pfarrer von Ars, Jean D´Arc, ... Don Bosco, Theresia von Lissieux, Selige Anna Schäfer, die waren alle sehr freudig, also man merkte, sie freuten sich richtig, und winkten zum Kreuz hin. Und auf einmal stand für kurze Zeit vor dem Kreuz und vor den Heiligen, das kleine Jesuskind. Ganz schlicht angezogen, mit ausgebreiteten Armen, mit einem roten Herzen und das rote Herz wandelte sich in ein goldenes Herz und es gingen unglaublich viele Strahlen von ihm aus. Und dann sah ich nur noch das Leuchtkreuz.......

Marion: Ich hab heute auf meinem Weg nix gesehen. Es sind viele Engel da, an der Grotte, kleinere und die weiße Taube ist da, und sie schwebt über der Grotte, und es gehen viele Strahlen davon aus, und die Blütenblätter hat sie wieder dabei. Die weiße Taube ist da, so groß wie immer und hat die Blütenblätter auf den Flügeln und auf dem Bauch und schwebt über der Grotte. Und die Muttergottes seh ich aber noch nicht. Und den Heilige Geist sehe ich als Taube und die Engel. Ich sehe kein Gelb. Die sind alle rot, rosa oder so roetlich... Sie steht in der Grotte....... Es gehen Strahlen in alle Richtungen nach oben, unten, nach hinten und vorne und überall sind goldene Strahlen. Wunderschön....... wie Sonnenstrahlen, nur viel, viel schöner noch. Die Strahlen gehen in die Menschen hinein – Strahlen wie bei einer ganz schönen Monstranz.

Ich höre sie sprechen:

Meine Kinder, meine Kinder, ich freue mich sehr, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid und hierher gekommen seid. Ich liebe euch alle und schließe euch alle in mein unbeflecktes Herz. Es soll eure Zufluchtsstätte sein und euer Trost. Ich bin hier mit meinem Sohn an diesem Ort als letzte Mahnung fuer Deutschland. Bekehrt euch, meine Kinder, bekehrt euch, bekehrt euch. Die Gnaden für die Bekehrung stehen vom Himmel bereit. Ihr müßt sie annehmen. Die Gnaden der Bekehrung, die von euren Herzen nicht angenommen werden sind wie ein Pfeil, der in das Herz meines göttlichen Sohnes eindringt und ihn schwer verwundet und traurig macht. Nehmt die Gnadenflut an, die der Himmel zu euch schickt. Sie stehen bereit.

Betet, betet und bekehrt euch. Betet den Rosenkranz. Besucht meinen Sohn in der Kirche. Empfangt die Sakramente. Seid treu gegen den Papst. Beichtet! Der Widersacher ist so stark. Aber am Ende wird mein Unbeflecktes Herz siegen. Habt keine Angst, meine Kinder. Es ist alles im göttlichen Plan. .....

Meine Kinder, ich komme heute, um von euch, die ihr hier seid und alle meine Kinder in Deutschland zu fordern. Ihr müßt beten, Buße tun und ihr müßt mit mir zusammen Deutschland für den Himmel zurückgewinnen. Deutschland ist so weit von Gott entfernt, es geschehen am Tag so viele Sünden. Die Sündenflut, die alleine hier von Deutschland gegen den Himmel steigen würden schon die Gerechtigkeit Gottes herabfordern.

Meine Kinder, ich komme, um euch zu bitten, mir zu helfen. Ihr könnt nicht verstehen, und ich glaube auch, daß ihr es nicht erahnen könnt, wie groß mein Schmerz ist, sehen zu müssen, wie der Teufel in Deutschland sein Spiel gewinnt, weil ihr Menschen auf ihn hört. Ihr dürft euch nicht ihm überlassen. Ihr seid von Gott geschaffen für den Himmel. Und ich erwarte von euch, daß ihr mir helft, Deutschland für den Himmel zurückzugewinnen. Ihr müßt beten. Ihr müßt mir vertrauen, ihr müßt mir eure Familien, eure Gemeinden, euer Land, ganz Deutschland jeden Tag weihen. Die Weihe an mein Unbeflecktes Herz, an das Herz, das eure Zuflucht ist, an das Herz, das euch in Sehnsucht erwartet, an das Herz, das für euch schlägt.

Ich bringe alle eure Anliegen, die ihr mir stellt, jeden Augenblick vor Gottes Thron. Ich klage ihm auch meinen Schmerz, aber sein Herz ist ebenso wund wie meins, wenn er auf Deutschland blickt. Noch, meine Kinder, blickt er mit der Barmherzigkeit, mit der Liebe seines Herzens auf euch, aber wenn ihr euch nicht bessert, wenn ihr nicht umkehrt, wenn ihr nicht wieder Gott liebt, euch nach den Geboten Gottes richtet, nach den Geboten der Kirche lebt, dann weiß ich nicht, ob ich den strafenden Arm Gottes aufhalten kann.

Meine Kinder ich flehe euch an, ich bitte euch nicht, ich flehe euch heute an, helft mir, helft mir! Es ist so an der Zeit. Ich habe keine Zeit mehr. Es ist so spät. Ihr müßt endlich alle aufwachen! Ihr müßt endlich! Es gibt kein Zögern mehr. Es gibt kein Hinauszögern, kein Warten mehr. Ihr müsst endlich ernst machen in eurem eigenen Leben und so mit mir gemeinsam Deutschland retten.

Ich bitte euch mit zu helfen, dass das Töten in eurem Land aufhört. Dieses Töten schreit zum Himmel. Es ist etwas, was Gott sehr viel Schmerzen bereitet, was das Herz Gottes mit vielen Wunden übersät, das Herz Jesu blutet, es blutet aus Schmerz über dieses Tun, das ihr Menschen da vornehmt. Ihr dürft nicht in den Schöpferakt Gottes eingreifen, in den Gott euch Menschen mit einbezogen hat. Ihr dürft es nicht tun. Betet viel, daß euer Land aufhört, die vielen Kinder zu töten. Die Kinder sind zwar bei uns im Himmel, aber die Menschen, die das tun, sind in Gefahr, auf ewig verloren zu gehen. Diese Wunde des Herzens Jesu ist so groß. Es ist so groß, ihr könnt es nicht erahnen. Darum komme ich, um es euch zu sagen. Ich fordere euch auf, mit diesem Tun aufzuhören, denn ich weiß nicht, wie lange die Barmherzigkeit Gottes und die Liebe Gottes noch wartet, bevor das Strafgericht auf euch herabfällt. Gott kann dieses Tun nicht anders als bestrafen, wenn ihr nicht aufhört, diese Sünde vor Gott zu tun.

 

Über den Autor:

Michael Schmidt-Salomon, Dr. phil., Dipl.-Päd., ist Lehrbeauftragter der Universität Trier und Chefredakteur der religionskritischen Zeitschrift MIZ. In breiteren Kreisen wurde er bekannt durch sein 1994 verbotenes Skandal-Stück "Das Maria-Syndrom". Zur Zeit arbeitet er gemeinsam mit Mitgliedern der ehemaligen "Orthopädischen Strümpfe" an einem neuen Musik-Comedy-Spaßguerilla-Konzept namens "Kommando Hanf Baumann" (http://www.hanf-baumann.de/). Im Netz der Netze treibt er sein Unwesen unter der URL: http://Salomon.home.pages.de/.

 

Anmerkungen:

1) vgl. Deschner, Karlheinz (1987): Morden mit Maria. In: Deschner, Karlheinz: Opus Diaboli. Reinbek. und Kern, Waltraud (1995): "Auf Maria schauen" - heißt siegen lernen. Von der Marionette des Patriarchats. In: Reinsdorf, Clara und Paul (Hrsg.): Drahtzieher Gottes. Die Kirchen auf dem Marsch ins 21. Jahrhundert. Aschaffenburg.

2) vgl. u.a. Hierzenberger, Gottfried / Nedomansky, Otto (1993): Erscheinungen und Botschaften der Gottesmutter Maria. Vollständige Dokumentation durch zwei Jahrtausende. Augsburg und Borelli Machado, Antonio Augusto (1996): Die Erscheinungen und die Botschaft von Fatima. Prophezeiungen der Tragödie oder der Hoffnung? Frankfurt/M.

3) "Unsere Liebe Frau" zitiert nach Borelli Machado 1996, S. 45f.

4) Als treuer Anhänger Mariens unterstützte Johannes Paul II. zahlreiche antikommunistische Bewegungen in der Welt - ideell wie finanziell. Im Zusammenhang mit der Ermordung des "Bankiers Gottes" Roberto Calvi deckte die italienische Justiz auf, dass die polnische Solidarnosc-Bewegung über den Vatikan dreistellige Millionenbeträge erhalten hatte - Gelder aus höchst zweifelhaften Quellen. Auch bei der Zerschlagung Jugoslawiens mischte der Papst mit. Schützenhilfe erhielt er hierbei nicht zuletzt von der polyglotten Gottesmutter persönlich, die sich seit den Achtziger Jahren regelmäßig aus dem bosnisch-kroatischen Dorf Medjugorje meldet, um von dort aus eindringlich vor der Macht des (Belgrader?) Satans zu warnen (vgl. Hutchison, Robert (1996): Die heilige Mafia des Papstes. der wachsende Einfluß des Opus Dei. München.)

5) vgl. hierzu Deschner, Karlheinz (1988): Mit Gott und dem Führer. Die Politik der Päpste zur Zeit des Nationalsozialismus. Köln.

6) In Marpingen sind es vor allem Helmut Gressung, Beichtvater der "Seherinnen" und Verantwortlicher der Marianischen Priesterbewegung in Deutschland, sowie der angeblich "neutrale" Beobachter Jörg Müller, der als Vorsitzender des Medjugorje-Zentrums Deutschland ebenfalls zur ersten Garde der deutschen Marienverehrer gehört.

7) vgl. Schmidt-Salomon, Michael (1999): Erkenntnis aus Engagement. Grundlegungen zu einer Theorie der Neomoderne. Aschaffenburg. S. 141ff.)

8) vgl. Deschner 1987

9) siehe Hierzenberger/Nedomansky 1993, S.553.

10) zitiert nach Deschner 1987, S.231

11) Die aktuellen Botschaften Mariens finden sich im Internet unter http://www.marienerscheinung.de/ und http://www.gottesmutter.de/

 

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