Salomons Homepage: Aphorismen

"Anstößig sein, heißt: Anstöße geben..."
Eine Auswahl Salomonischer Aphorismen

I.
Vermischtes

 

Demagogen feiern mit halben Wahrheiten
ganze Erfolge.

 

Es ist falsch, mit dem Zahnstocher an Probleme heranzugehen,
wenn der Abbruchhammer verlangt wird.

 

Der modische Imperativ "Leben und Lebenlassen" wird dafür sorgen,
dass viele ihr Leben werden lassen müssen.

 

Uns gelang das "perfekte Verbrechen" -
mit Abermillionen von Opfern, erdrosselt von der "unsichtbaren Hand" des Marktes.

 

Wir sind moderne Don Quixotes - mit einem Unterschied:
Wir kämpfen nicht gegen, sondern für Windmühlen.

 

Was die RAF übersah:
Lachen tötet wirksamer als Sprengstoffattentate.

 

Zynismus ist Feigheit des Herzens.

 

Das Elend des Homo consumens:
Es gibt kein Mehr an Konsumgütern in einem Meer von Konsumgütern.

 

Nicht jedes Ausbrechen aus der bürgerlichen,
ist ein Aufbrechen in eine bessere Welt.
Nicht jeder, der gegen das Gesetz verstößt,
ist ein Kämpfer für mehr Gerechtigkeit.

 

Das Gespräch über Bäume ist längst kein Verbrechen mehr,
weil es das Schweigen über so viele Untaten aufbricht.

 

Die Uniformierten sind die Uninformierten.
Gebt ihnen einen kleinen Anlass - und es wird folgen: große Verwüstung

 

Herrlicher Wandel der Zeiten!
Der Hass ist verschwunden,
heute tötet die Freundlichkeit.
Die Unterdrücker sind verschwunden,
geblieben ist uns: die Unterdrückung

 

Die Wahrheit wird nicht zur Lüge,
nur weil Lügner sie gebrauchen.

 

Wer das Leiden nicht bekämpft, trägt Schuld am Leiden.
Wer das Unrecht toleriert, begeht Unrecht.

 

Der gesättigte Magen ist gerne tolerant.
Ach, wie gerne toleriert er das Unrecht, das benötigt wird -
zum Anrichten der fetten Speisen, die er so liebt.

 

Carpe diem:
Es ist besser, den Jahren mehr Leben zu geben,
als dem Leben mehr Jahre.

 

Die frohe Botschaft des aufgeklärten Hedonismus:
Genieße den Rausch,
es ist nicht vernünftig, immer vernünftig zu sein.

 

Traum der Menschheit:
Eine Welt, in der der Ellenbogen dazu genutzt würde,
den Arm auszustrecken - dem Hilfesuchenden entgegen.

 

Sind die Friedfertigen schon mit dem Frieden fertig?

 

Nur der Befriedigte findet Frieden,

 

Nur der Maßlose setzt Maßstäbe

 

Anstößig sein, heißt: Anstöße geben.

 

Was wir sagen, ist nicht revolutionär neu.
Aber würde man es ernstnehmen,
hätte dies revolutionäre Konsequenzen,
sprich: die Revolution zur Konsequenz.

 

Freiheit ist subversiv.
Sie ist der Leitton jener Melodie,
die die verkrusteten Verhältnisse zum Tanzen bringt.

 

Man spricht von "Vernunft" -
ich nenne es Konsensus der Dummheit!

 

An Runden Tischen
verliert man allzu leicht seine Kanten.

 

Resignation ist eine Bankrotterklärung der Vernunft.

 

Wir leben in einem goldenen Zeitalter.
Hinter uns die Barbarei.
Vor uns der Abgrund.

 

Die Menschheit: eine  tragisch-komische Spezies.
Noch auf dem Weg zum Schafott machen wir uns Gedanken
um die Altersversorgung.

 

Dass die Eisberge schmelzen,
ist halb so schlimm, meinte die Kosmetikberaterin.
Unser Make up ist wasserfest.

 

Glück ist das Bewußtsein des Wachsens,
das Streben danach
der Motor der menschlichen Geschichte.

 

Der Mensch trägt seine Wahrheit nicht im Kopf,
sondern zwischen den Beinen.

 

Dass der Weise keine Eier habe,
ist eine Erfindung magenkranker Kostverächter.

 

Nietzsche schrieb: Alle Lust will Ewigkeit!
Empirisch gilt dies aber nur für kurze Zeit.

 

Der Geist des Spät-Kapitalismus
ist im Gegensatz zu seinem asketischen Vorfahren
ein erlebnishungriger Bursche.
Er erhöhte nicht nur den Austausch von Waren,
sondern auch den Austausch von Körperflüssigkeiten,
lustvoll dirigierte er nicht nur den Verkehr auf den Straßen,
sondern auch den in den Betten.

 

Die sexuelle Revolution hat uns nicht befriedigt.
Die Kampfschriften lieferte nicht Wilhelm Reich,
sondern Beate Uhse.
Man probierte neue Stellungen aus,
die politischen Einstellungen bleiben aber dieselben.

 

Die Geburt der Vernünfte
ist der Untergang
der Vernunft.

 

Über Wahrheit läßt sich nicht abstimmen.
Sie liegt nur selten in der Mitte.

 

Nur der Unwissende glaubt,
das Bürgerliche schon überwunden zu haben,
nur weil er schmutzige Finger hat
und mit Bachschen Fugen nichts anzufangen weiß.
Wir müssen das Bürgerliche über- und nicht
unterschreiten.

 

Die Demokratie der Jetzigen
ist eine Diktatur über die Zukünftigen

 

Wer Zensur erlaubt, will Denken verbieten.

 

Der sogenannte Realismus ist oftmals
nur ein Beweis für mangelnde
Phantasie.

 

Es ist nicht der Versuch der Realisation des derzeit Möglichen,
sondern der Wille zur Utopie,
zur Realisation des eigentlich Unmöglichen,
der überhaupt noch reale Hoffnung auf Änderung versprechen kann
angesichts der schieren Unabwendbarkeit
der Katastrophe

 

Nur dem Gleichgültigen erscheint alles
gleichermaßen gültig.

 

Jugend schützt vor Weisheit nicht.

 

Auch ein alter Esel bleibt
ein Esel.

 

Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern,
finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert,
sondern von einer
gigantischen,
weltumspannenden
RIESENBLÖDHEIT.
Wer ´s nicht glaubt,
ist schon infiziert.

 

Der Anstreicher:
Welches Leid mußte die Welt ihm zugefügt haben,
daß er der Welt solches Leid zufügen konnte?
Die Täter sind stets auch
Opfer
der Geschichte.

 

Auch goldene Ketten sind:
Ketten.

 

Wer sich über andere erhebt,
erniedrigt sich selbst.

 

Der Meinungsmarktbericht ist das Orakel,
dem der moderne Politiker folgt.

 

Wahlspruch moderner Politiker:
Ja, wir verändern alles,
aber nur,
wenn alles beim Alten bleibt.

 

Originalität ist mangelnde Literaturkenntnis.
Das gilt auch für diesen Satz.

 

 

II.
Über Gott und die Welt

 

Das stärkste Argument gegen Gott wäre -
der Beweis seiner Existenz



Die bessere Alternative:
Heidenspaß statt Höllenqual!

 


Was ist Gott?
Ein imaginäres Alphamännchen,  von Primatenhirnen erdacht und genutzt ,
um die eigene Position innerhalb der Säugetierhierarchie von Homo sapiens aufzubessern.
Entzaubern wir die Welt - und die Hierarchien werden fallen.

 

Christen sind glücklichere Menschen?
Trau keiner Statistik, es sei denn:
Du hast sie selbst gefälscht.

 

Motto aller Inquisitoren:
Du wirst dran glauben oder: dran glauben.

 

Offenheit statt Offenbarung!
Wir brauchen keine Kultur des Glaubens,
sondern eine des Zweifelns,
eine Kultur, die den Menschen dient
- und nicht zweifelhaften, von Menschen geschaffenen Göttern

 

Friedensbedingung:
Eine Welt, in der wir uns nicht mehr als
Christen, Moslems, Hindus, Buddhisten,
Juden oder Atheisten wahrnehmen,
sondern als gleichberechtigte Mitglieder jener affenartigen Spezies,
die sich einst in einem Anflug von Überheblichkeit
den Namen Homo sapiens gab.

 

 

Mißtraut denen, die da sagen,
dass Gott auf ihrer Seite steht.
Sie sind nur so nah ihrem Gott,
weil sie so fern dem Menschen sind.

 

 

Leben ohne Gott -
eine Entscheidung für den Menschen.

 

 

Das Glück der Untüchtigen:
Theoretisch widerlegt ist nicht praktisch überwunden.
Die Schwäche der Vernunft bedingt die Stärke
der Religion.

 

Das jenseitsgetrübte Auge ist ein schlechter Ratgeber.
Ihm verklärt sich das Leid zur Freude,
das Verbrechen zur Heldentat, das Joch zum Siegessymbol.

 

Der religiöse Schrecken hat erst dann ein Ende,
wenn das Ende ohne Schrecken ist.

 

Die Erfindung der Sünde
war eine große Sünde
wider die Menschheit.

 

Sie wollen Leben beschützen,
das nicht einmal das Bewußtsein ihres Sonntagsbraten besitzt.
Doch wer schützt uns vor den Lebensschützern?

 

Grundübel des Christentums:
Sie erniedrigten einen Rebellen zur Gottheit.

 

Je kleiner der Geist, desto größer
das Verlangen nach dem Geistlichen.

 

Priester sind intellektuelle Glühwürmchen:
Sie leuchten nur im Dunkeln.

 

Nur wirklich kalte Seelen konnten das Höllenfeuer erfinden.

 

Theologen:
Ihr Glaube versetzt zwar keine Berge,
aber immerhin unbefangene Beobachter
in fassungsloses Erstaunen angesichts
der virtuosen Unredlichkeit ihrer Deutung.

 

Das Kunststück der humanistischen Theologen ist zirkusreif.
Sie bürsten die Bibel so sehr gegen den Strich,
dass einem die Haare zu Berge stehen.

 

III.
Über Kunst und Kultur

 

Unterhalten heißt nicht untenhalten.

 

Dass der Mensch nicht die Krone der Schöpfung sein kann,
ist  bewiesen:
durch den Erfolg von Modern Talking und Wolfgang Petry.

 

Es ist besser, Marx, Nietzsche oder Bakunin zu lesen,
als Dieter Bohlen zu hören
oder Verona Feldbusch
in den Ausschnitt
zu starren.

 

Promis sind Scheinriesen.
Je näher du an sie herankommst,
desto kleiner werden sie.

 

Das Erfolgsrezept der Comedy-Produzenten:
Je enger die Stirn, desto breiter
das Grinsen.

 

Kunst kommt nicht nur von Können,
sondern auch von Kotzen.
Wem das Bestehende nicht übel aufstößt,
sollte umschulen und
Werbetexter werden.

 

Hast Du nichts auszudrücken,
was suchst du nach Ausdrücken?
Auch Gedichte bedürfen des Gedachten.

 

Die Dummheit unserer Ordnungshüter ist grenzenlos:
Es wird der Tag kommen, an dem sie
Künstler unter Quarantäne stellen,
weil sie unter Polyphonie
eine ansteckende Viruserkrankung vermuten.

 

Das Projekt der Aufklärung endet nicht
an den Pforten zur Ästhetik.
Wir sollten über Geschmack streiten,
denn ästhetische Dummheit ist so gefährlich
wie jede andere Form der Dummheit auch.

 

Kunst unterliegt der normativen Kraft
des Kontrafaktischen.

 

Musik kann die Welt verändern,
aber nur,
wenn die Welt die Musik verändert.

 

Mahler:
Der Franz Kafka der Musik.
Seine Größe liegt in seinem Scheitern,
Bruckner zu werden.

 

Zappa:
Der Beweis,
dass Musiker nicht unbedingt
dümmere Menschen sind.

 

Schwacher Trost für notleidende Künstler:
Nicht jeder, der sich verkauft hat,
lässt sich auch verkaufen.

 

 

 

 IV.
Über Wissenschaft und Philosophie

 

Vergeblicher Rat an deutsche Universitätsprofessoren:
Wissenschaft sollte Wissen schaffen -
nicht Müdigkeit.

 

Erfolge der Wissenschaft (I):

Den Philosophen haben sie ersetzt durch den Bürokraten,
den Gedanken durch die Fußnote,
den Geist durch den Aktenordner.

 

Erfolge der Wissenschaft (II):

Unsere Sozialwissenschaften sind nicht sozial,
unsere Geisteswissenschaften entbehren des Geistes
und unsere Naturwissenschaften haben vieles im Sinne,
nur nicht die Natur.

 

Forschungsdesign -
welch verräterisches Wort
für die mietbaren Knechte der Wissenschaft..

 

Wissenschaftssprache:
die Perversion der Aufklärung.
Sie führt nicht aus der Unmündigkeit heraus,
sondern in sie hinein.

 

Marx:
ein Meister der Dialektik.
Seine Irrtümer belegen,
wie sehr er im Recht war.
Das von ihm Prophezeite trat nicht ein,
weil er für seine Prophezeiungen eintrat.
Die Bürgerlichen änderten sich,
weil er ihnen die Fähigkeit absprach, sich zu ändern.

 

Theodor W. Adorno:
ein kritischer Theoretiker, gar ein Umstürzler?
Nein, ein philosophischer Punk mit aristokratischer Diktion.

 

Nietzsche:
der Prophet der Körperlichkeit.
Seine Kritik des Christentums
war die Kritik des Bauches am Kopf,
die Kritik des Unterleibes an der Kantschen Vernunft.

 

Schopenhauer:
der böse Onkel der Menschheit -
zu klug, um freundlich zu sein.

 

Die Romantik:
ein verzweifelter Aufschrei gegen die Neuzeit.
Die Romantiker beseelten die Dinge,
als der Kapitalismus begann, die Seelen zu verdinglichen.

 

Postmoderne:
die bonbonfarbene Eintrittskarte
zur großen Weltuntergangsparty.

 

Der Wille zur Ohnmacht:
Rien ne va plus, nichts geht mehr!,
kichern die fröhlichen Bankrotteure der Postmoderne,
erleichtert, dass ihnen die schwere Bürde,
Geschichte humaner zu gestalten,
von der Schulter genommen wurde.

 

Sein oder Bewußtsein?,
das ist nicht die Frage.
Idee und Materie sind Aspekte
ein und desselben Prozesses.

 

Wahrheit wird nicht gefunden,
sondern erfunden.
Das heißt nicht, dass sie beliebig ist,
denn es gibt gute und schlechte Erfindungen.

 

Der Sinn des Lebens:
ihn zu suchen.
Der größte Unsinn:
zu glauben, ihn gefunden zu haben.

 

Sinn erwächst aus Sinnlichkeit

 

 

 Michael Schmidt-Salomon, 2000 ff.

home.gif (20220 Byte)